Unser Kleinenberg

„oppidum Cleneberg“ – Wallfahrtsort am Fuße des Eggekammes

1200

1220

Urkundliche Überlieferung: Erste Nennung des Ortes (Cleneberga)

Ab 1249

Erste urkundliche Bezeugung

1384

Stadt in Asche gelegt und überrannt

Bis 1404

Neuerrichtung der Stadt

1552

Entstehung der St. Sebastian Schützenbrüderschaft
1700

1700

Erneuerung des Mauergürtels der Stadt

1742

Stadtbrand

Bis 1745

Kirchenaufbau
1900

1901

Großer Brand

1903

Großer Brand

1930

Gründung des Spielmannszuges Kleinenberg

1966

Fahne der Kompanie erhält kirchliche Weihe

Umgeben von den Wäldern des Eggegebirges liegt ganz im Osten des Kreises Paderborn die alte Titularstadt Kleinenberg. Ursprung und Kern des Dorfes liegen auf einem Geländesporn, den die Pfarrkirche Sankt Cyriakus ziert und auf dem das alte Rathaus stand. Im wohl Jahrhunderte alten, wohl weniger ernsten Nachbarschafts-„Duell“ mit Lichtenau, das meist größer und bedeutender war, kann Kleinenberg für sich beanspruchen, der ältere Ort zu sein. Die urkundliche Überlieferung beginnt zwar schon im Jahre 1220 (Cleneberga), und der durch eine Stadtmauer befestigte Ort gehört zu den ältesten des Paderborner Landes, doch die erste Urkunde bezeugt die Stadt erst ab 1249. Simon, Erwählter (Bischof) von Paderborn, nimmt Ludolf und Hermann, die Söhne des Hermann von Osdagessen und die Töchter Helleburg und Regelind gegen die Übertragung ihrer Rechte an der Stadt Kleinenberg (oppido Cleneberg) in die Ministerialität Paderborns auf. Hier wird also Kleinenberg zum ersten mal als befestigte Stadt (Oppidum) ausgewiesen, mit Mauergürtel und Wällen.

Im ausgehenden Mittelalter fiel die Stadt vorübergehenden Wüstungsvorgängen zum Opfer. Aus dem Jahre 1384 ist bekannt, dass die Stadt von den Gegnern des Paderborner Bischofs überrannt und in Asche gelegt wurde und die Bürger auf die Dauer von zwanzig Jahren von allen Lasten und landesherrlichen Abgaben befreit werden mussten. In dieser Zeit sollte die Stadt neu errichtet werden. Doch Friedrich von Padberg mit seinem Bengelerbund zog plündernd und mordend durch Sindfeld und Soratfeld, von Büren bis zum Eggegebirge, bis Fürstbischof Ruprecht den wilden Padberger besiegen und Fürstbischof Johannes I., Graf von Hoya, seiner habhaft werden konnte.

Beim großen Stadtbrand des Jahres 1742 wurde auch die Pfarrkirche mit dem „sehr hohen Turm“, dessen Grundmauern noch aus der Zeit vor dem 13. Jahrhundert stammen, ein Opfer der Flammen. Die Kirche wurde in der erstaunlich kurzen Zeit bis 1745 wieder aufgebaut. Zum Markstein in der Geschichte Kleinenbergs wurde das Jahr 1721, als der Seelsorger Henricus Winnimarus Leifferen aus Westernkotten Pfarrer in Kleinenberg wurde. Dieser „wahre Gottesmann der Tat“ wird nicht zu Unrecht als zweiter Gründer Kleinenbergs bezeichnet. Er hat dem Dorf manches Wort seines begnadeten Schaffens geschrieben und in Stein gehauen hinterlassen. An erster Stelle wohl die wunderschöne barocke Wallfahrtskirche, die vierte an dieser Stelle, die große Kreuzweganlage und die zu seiner Zeit wiedererrichtete Pfarrkirche. Pfarrer Leifferen war es, der die Marienverehrung und die etwa aus dem 14. Jahrhundert herrührende Marienwallfahrt wieder zur Entfaltung und zur Blüte brachte. Auch zu seinen Lebzeiten wurde Kleinenberg von furchtbaren Katastrophen (Brand 1742) heimgesucht und wäre ohne die starke Hand dieses Pfarrers nicht das, was es heute ist – und das alles in ständiger Fehde mit dem Bürgermeister Rörig, der den Pfarrer eher bekämpfte als ihn zu unterstützen. Erinnerung und Dank an Pfarrer Leifferen ist der Name „Pfarrer-Leifferen-Straße“, die 1972, von der Wallfahrtskirche an der Schützenhalle vorbeiführend, nach ihm benannt wurde. Die gotische Madonna aus Eichenholz, die aus der Zeit um 1400 stammt, wird als „Helferin vom kleinen Berge“ (auxiliatrix de monte modico) verehrt. Alljährlich finden hier zu den Festtagen Mariä Heimsuchung und Mariä Geburt Wallfahrten und Prozessionen statt, zu denen Pilger aus dem ganzen Paderborner Land kommen. Während des ganzen Jahres kommen Marienverehrer nach Kleinenberg und verleihen dem Ort eine gewisse überregionale Volkstümlichkeit. Dazu mögen auch die sogenannten „Kleinenberger Anschläge“ beitragen, Geschichten von den alten Händlergenerationen Kleinenbergs, in denen sich die Kleinenberger als Tumbe darstellten, über die sich ihre (potentielle) Kundschaft lustig machen konnte und wohl auch sollte.

Der Mauergürtel rings um die Stadt, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts erneuert wurde, lässt sich in seinem Verlauf noch genau verfolgen, die Halbkreisform wird im Süden durch eine gerade Strecke abgeschlossen. Der ehemalige Mauerbereich ist heute ein bis zu zwei Meter hoher fast durchgehend mit einer Hecke bestandener Wall, der zur Stadtseite hin als schmale Ringstraße ausgebaut ist. Innerhalb dieses Halbringes hat die haufendorfähnliche Stadt ein sehr unregelmäßiges Straßennetz, ähnlich Soest. Im Zentrum liegt auf der höchsten Stelle des genannten Talsporns der Kirchplatz, an dessen nordwestlichem Rand eine mittelalterliche Burg vermutet wird (siehe Plan von 1831). Grab- und Fundamentfunde bei der Renovierung der Pfarrkirche im Jahre 1985 haben diese Vermutung erhärtet.

In der Kleinenberger Gemarkung befanden sich zur Zeit des Mittelalters drei weitere Kleinsiedlungen, die jedoch wüstfielen. Drei Kilometer südwestlich der Stadt soll im heutigen Forst Overhagen die gleichnamige Wüstung zu suchen sein. Zwei Turmhügel sind in der südwestlichen (Ettberg) und südöstlichen (Zuckerberg) Kleinenberger Gemarkung erhalten, die bisher weder urkundlich noch archäologisch erforscht sind. Im Naturschutzgebiet Bülheimer Heide, heute besonders den Botanikern ein Begriff, sind beiderseits der Gemarkungsgrenze Kleinenberg/Lichtenau bisher 42 bronzezeitliche Hügelgräber bekannt geworden. Eine weitere Gruppe mit zehn bronzezeitlichen Hügeln liegt einen Kilometer südwestlich des Gutes Bülheim in der Taubenheide.

Kleinenberg war wie Lichtenau über lange Jahrhunderte ein recht ansehnliches Ackerbürgerstädtchen. Wenn im zentraler gelegenen Lichtenau Handel und Gewerbe neben der Landwirtschaft die zweite Einkommensbasis war, so spielte im Erwerbsleben Kleinenbergs immer auch die Forst- und Holzwirtschaft eine ganz besondere Rolle. So gab es bis zum letzten Krieg fünfzehn Besenbindereien, die mit ihren Produkten weit über die Region hinaus bis ins Ruhrgebiet und nach Hessen fuhren. Betrachtet man die Bevölkerungsentwicklung der letzten rd. 150 Jahre so fällt eine bemerkenswerte Stagnation ins Auge (1849: 1238, 1973: 1227, 1997: 1244). Offensichtlich hat hier die Abseitslage zu den Bahnlinien eine Rolle gespielt. Heute zerschneidet die Bundesstraße 68 den alten Ortskern; sie hat bisher wohl nur den Charakter einer Durchgangsstraße, ohne jegliche Wachstumsimpulse. Die gegenwärtige Wirtschaftsstruktur Kleinenbergs ist keineswegs mehr durch die Land- und Forstwirtschaft geprägt. Die Zahl der nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten ist in Kleinenberg durch Bauunternehmungen, Holz- und Metallbearbeitung relativ hoch. Die insgesamt rege Bautätigkeit der späten sechziger Jahre konzentrierte sich im Neubaugebiet auf dem Semberg und nimmt nach spürbarer Rezession nun auf dem Eichenberg seinen Fortgang. Seit einigen Jahren wird die Dorferneuerung planerisch und konkret vorbereitet. Mit der Errichtung eines Heimathauses aus der alten Küsterschule konnte die Ensemblebebauung um die Kirche herum erhalten werden. Kulturelle Bemühungen der Dorfgemeinschaft wurden durch die Ernennung zum Kulturmusterdorf Ostwestfalen gekrönt. Für das Jubiläumsjahr 1999 liefen die Vorbereitungen „750 Jahre Stadt Kleinenberg“ in der Vereinsgemeinschaft auf Hochtouren und schlossen mit riesigem Erfolg ab.

Der in Kleinenberg früher abgebaute rötlich-braune Sandstein prägt bis heute das ältere Ortsbild. Vor allem infolge mehrfacher Stadtbrände sind fast keine Fachwerkhäuser mehr vorhanden. Nach den beiden letzten großen Bränden der Jahre 1901 und 1903 entstanden sehr viele Häuser Kleinenbergs aus Ziegelsteinen, die in einer ortsansässigen Ziegelei produziert wurden. Vor allem die Hauptstraße der mittelalterlichen Stadtfläche ist durch diese Bausubstanz noch geprägt.

Bürgerlicher Gemeinsinn und das erste Streben nach Eigenständigkeit sind Zeugnisse dafür, dass die Titularstadt Kleinenberg heute auf eine über 750-jährige Geschichte zurückblicken kann.

Aus dem Willen heraus, diese Stadt zu schützen, den Glauben zu wahren und die sittlichen Grundwerte zu erhalten und zu erneuern, entstand 1552 die Sankt Sebastian Schützenbruderschaft Kleinenberg. Von der für unsere Vorfahren lebensnotwendigen Schutzgemeinschaft hat sich die Bruderschaft zur wesentlichen Trägerin des kulturellen Lebens in unserer Stadt gewandelt. Ihre Mitglieder greifen engagiert und spontan dort zu, wo es das Wohl der Allgemeinheit erfordert und pflegen gern Geselligkeit und Frohsinn, wenn es sich ziemt.

Nachdem die Titularstadt Kleinenberg im Zuge der kommunalen Neugliederung ihre Selbständigkeit verloren hat und zu einem Stadtteil der neuen Stadt Lichtenau geworden ist, kommt dieser kulturellen Trägerschaft besondere Bedeutung zu, damit die ureigene Kleinenberger Lebensart bestehen bleibt und fortwirkt in die Zukunft.

Die Sankt Sebastian Schützenbruderschaft 1552 e.V. Kleinenberg kann im nächsten Jahr zu Pfingsten ein grosses Jubiläum begehen. 450 Jahre sind seit der Gründung des Vereins vergangen. Er gehört damit zu den wenigen Einrichtungen, die die Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden.

Heute besteht die Bruderschaft aus ca. 285 Schützen. Allein im letzten Jahr traten der Bruderschaft über 10 neue Mitglieder bei. Seit 1960 trägt die Kompanie neue Uniformen, vorher hatten wir lediglich eine Schützenmütze. Bis heute hat sich glücklicherweise der alte Brauch fortgesetzt, dass man in eleganten grünen Uniformjacken mit schneidigen schwarzen Hosen und blumengeschmückten Gewehren marschiert. Am 15. Mai 1966 erhielt unsere jetzige Fahne die kirchliche Weihe, somit besitzt die Schützenbruderschaft heute drei Fahnen. Bei Prozessionen und an den Wallfahrtsfesten gibt die Bruderschaft dem Allerheiligsten das Ehrengeleit. Der Bevölkerung und den auswärtigen Gästen ist das Bild der mitmarschierenden Schützenkompanie ein vertrauter Anblick.

Bis 1931 spielte der Musikverein Ossendorf für die Bruderschaft bei allen Gelegenheiten. Seit 1930, dem Gründungsjahr des Spielmannszuges Kleinenberg, war dieser eine zusätzliche Bereicherung der Festlichkeiten. Seitdem begleitet er die Schützen auf all ihren Märschen. Der Musikverein Ossendorf wurde durch den Musikverein Westheim abgelöst, der seit 1932 in Kleinenberg Marsch- und Tanzmusik spielte bis 1976, nahezu 45 Jahre lang.

Heute werden die Ausmärsche der Schützenbruderschaft von dem Spielmannszug Kleinenberg und dem Musikverein Rimbeck begleitet, die uns auch zum Jubelfeste eine Kostprobe ihres Könnens liefern werden.

Der Sinn und die Ziele des Vereins haben sich im Laufe der Jahre geändert. Aus dem früheren „aktiven Heimatschutz“ ist heute ein „ideeler Heimatschutz“ geworden. Dafür muß sich jeder verantwortlich fühlen, getreu dem Wahlspruch: für Glaube, Sitte und Heimat. In erster Linie zählen dazu, Schönheit und Eigenart der Landschaft und des Ortsbildes zu erhalten. Gute Nachbarschaft und bodenständiges Brauchtum im Jahresablauf soll gepflegt und Feste und Feiern sollten in überkommener Form begangen werden. Ein besonderes Augenmerk wäre der Pflege der plattdeutschen Sprache zu widmen, dem schönsten Ausdruck westfälischen Volkstums. Heute wird die Bruderschaft immer mehr Rückgrat des dörflichen Zusammenlebens, durch sie kann das Dorf zur Heimat werden und sie erst lässt Zugehörigkeit erleben.

Gerade das jährliche Schützenfest war und wird auch in Zukunft ein Zentrum der Kontaktpflege sein, ein Ort des Meinungsaustausches und der dorf- bzw. stadtorientierten Urteilsfindung.